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Deutsches Automatenmuseum - Sammlung Gauselmann

5High-Tech und Nostalgie geben sich die Hand

„Haue you ever seen a nudist colony?" fragte Ende der 30er Jahre ein englisches Spielgerät die neugierigen Bürger. Wer damals glaubte, voyeuristische Freuden zu erleben, war ganz schön schief gewickelt. Wer einen Penny einwarf, sah weder hübsche Mädels noch stramme Kerle, er sah nichts als Ameisen, die einen Tanz aufführten. Durch das Geldstück wurde eine Batterie aktiviert, ein Lämpchen leuchtete auf und die Ameisen „schossen" wie wild über die „Tanzfläche". Wessen Geschmack das auch immer war und ist, der Voyeurist kam auf keinen Fall auf seine Kosten.

 

Ein Artikel aus "Münzautomat" 5-1995:

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Birgit Friederike Haberbosch trainiert am Punching-Automaten. Sie hat die historischen Spielgeräte in die Spalten der Zeitungen und auf die Bildschirme der Fernseher geboxt".
 

Solch ein skurriler Automat und mit ihm noch 800 andere Geräte befinden sich in der wohl größten Sammlung alter Münzautomaten bei Gauselmann in Espelkamp. Friederike Haberbosch, die Kulturreferentin im Hause, hat sich und dem Unternehmen kurz vor ihrem Wechsel zu einer anderen großen Firma in der Region noch eine große Freude gemacht. Endlich ist wahr geworden, worauf so viele gewartet haben. Jetzt gibt es ein Automaten-Museum, das öffentlich zugänglich ist. Was bei Gauselmann in Espelkamp besonders gut ist, ist die Tatsache, daß jeder, der sich die Schmuckstücke der Vergangenheit ansehen will, auch an denjenigen der Jetzt-Zeit vorbei muß. „Hierdurch", so Friederike Haberbosch, „schlagen wir eine wichtige Brücke zu den Geräten, die draußen im Markt und in der Öffentlichkeit ihre Anerkennung finden müssen."


„Aufschwung" in Gang gesetzt

Paul Gauselmann, Unternehmensgründer und Motor modernster Entwicklungen, hat diese Verbindung frühzeitig erkannt und über Jahre gepflegt. Daß man in Deutschland den hundertsten Geburtstag des Spielgerätes 1988 mit einer großen Ausstellung im Deutschen Museum in München feierte, ist zu einem Großteil ihm zu verdanken. Es waren aber auch die richtigen Leute an seiner Seite, die den „Aufschwung" der alten Münzspielgeräte massiv in Gang setzten. Auf Sohn Michael war der Funke schnell übergesprungen, und er wurde zu einem der eifrigsten Sammler der Welt. Gemeinsam mit Friederike Haberbosch, die er als Historikerin „einkaufte", spürte er einzelnen „Schmuckstückchen" rund um den Globus nach. Alte Fachzeitschriften und Sammlertips waren die Wegweiser.

Überall meldeten sich plötzlich solche Sammler der schönen, mechanischen Kunstwerke. Was jahre- und jahrzehntelang im stillen Kämmerlein gehütet worden war, drang plötzlich in die Spalten der Zeitungen und in die Linsen der Fernsehkameras. Die Preise für historische Münzautomaten schossen in die Höhe. Endlich hatten sie den Stellenwert, der ihnen schon lange zustand. Gleichlaufend mit dieser Entwicklung wurde von Friederike Haberbosch und ihren Mitarbeitern eine wissenschaftliche Einordnung betrieben. Heute hat das Münzspiel seine belegbare und mit gesicherten Fakten versehene Geschichte.

Wer Geschichte erleben will und bei Gauselmann durch die Ausstellung alter Münzautomaten wandelt, wie man das in Museen so tut, der erntet einen „voyeuristischen" Leckerbissen. Wer etwa älteren Menschen dabei zuschaut, der sieht sie mit erstaunten und großen Augen. Beobachtet, wie sie sich auf die Unterlippe beißen und mit den Automaten in eine längst vergangene Zeit tauchen.

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Immer neue Überraschungen in Themen-Räumen

Nostalgiegefühle für jung und alt

Die Besucher haben den „ParfümZerstäuber" noch auf Bahnhöfen und Toiletten hängen gesehen. Haben sich vielleicht selbst einmal eine Duftwolke um den Kopf wehen lassen. Jungen Besuchern merkt man die Nostalgiegefühle ebenfalls geradezu an. Vielleicht hätten sie gerne in einer Zeit gelebt - natürlich nur mit den angenehmen Seiten -, in der alles noch so begreifbar ehrlich war. Wer ein altes Spielgerät öffnet, der kann noch genau nachvollziehen, warum der Kipphebel das Zahnrad frei gibt, sich so die Feder spannt und und und.

Heute hat die Elektronik zumindest dem Durchschnittsbürger solche Einsichten versperrt. Wie elend langweilig ist ein geschriebenes Computerprogramm gegenüber der Paarung von Spieltrieb und technischem Können in diesen Geräten. Beim heutigen Spiel selbst zeigt sich jedoch, daß die Elektronik letztlich mehr Fantasien freisetzen kann. Wer das nicht wahrhaben will, der möge sich einmal eine Stunde lang mit einem Fahrspiel der 30er Jahre und mit einem Fahrsimulator der neuesten Generation beschäftigen.

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Die „Decap-Roboterband" wurde nur dreimal produziert. Eines der wertvollen Geräte (rund 300 000 Mark) steht in Espelkamp. Auf Lochkarten ist ein 24-Stunden-Musik-Programm.

Und schöner sind sie trotzdem, wird fast jeder sagen und auch damit Recht haben. Manchem Besucher kann man zusehen, wie er schöne Messingknöpfe, -hebel und -verzierungen zaghaft streichelt, wie er liebevoll die Hand um kunstvolle Holzteile wandern läßt und mit den Augen das ganze Gerät liebkost als sei es ein Mensch, und zwar ein ihm sehr lieber. Zu seinem Lieblingsgerät geht der eine oder andere Museumsbesucher mehrere Male, und ehe er das Museum dann verläßt, kommt er nochmal, wie zum Abschied, zu seinem alten Freund und geht dann forschen Schrittes wieder in die neue Welt.

Alle Museen der Welt sind so. Wer nicht nur darin herumläuft, um mal dagewesen zu sein, der kann diese vertraute Atmosphäre nachempfinden und erleben. Da ändert es nichts daran, daß bei Gauselmann einige Meter weiter modernste High-Tech-Geräte entwickelt und 10 Kilometer weiter auch produziert werden. Durch die geschickte Anordnung geben sich High-Tech und Nostalgie geradezu die Hand. Und dies alles ist ohne große Inspiration von außen, sondern aus der Museumsabteilung selbst erwachsen.

Der Verlag des »Münzautomat«, die Universitätsdruckerei H. Schmidt in Mainz, hat selbst etwas von der Faszination der alten, münzbetriebenen Automaten miterleben dürfen: Er verlegt das wunderschöne Buch „Lucky Dice und Henkeltöpfchen - Schöne alte Automaten". Dieses Werk ist in Zusammenarbeit mit Friederike Haberbosch, als Autorin, entstanden. Wegen der grafischen Gestaltung, der gesamten Ausstattung und natürlich auch wegen der guten Bilder, die aus der Sammlung Gauselmann stammten, wurde das Buch von der Stiftung Buchkunst unter die 50 schönsten Bücher des Jahres 1993 nominiert.

Historische Münzspielgeräte gehen ihren Weg

Wer hätte vor nur zehn Jahren gedacht, daß alte Münzspiele mal zu solchen Ehren kommen. Es hätte auch niemand gedacht, daß die Jubiläumsausstellung „100 Jahre Münzspiel", im Deutschen Museum in München, zur bestbesuchten Sonderschau aufsteigen würde. Historische Münzspielgeräte haben seither ihren Weg durch viele Museen, durch Ausstellungen von Banken und Versicherungen und durch Präsentationen in „edlen" Einkaufspassagen gemacht.

Heute kennt sie nahezu jeder - und wer sie noch nicht leibhaftig gesehen hat, der sollte den Weg zum Gauselmann-Museum nach Espelkamp unbedingt suchen.    

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Nach guter Restauration nun wieder fast wie neu.

 

 

Deutsches Automatenmuseum - Sammlung Gauselmann im Internet : www.deutsches-automatenmuseum.de

Goldserie Werksbesichtigung

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